„Das wird man doch noch sagen dürfen…“ – Na klar!

„Ideologische Minderheiten beanspruchen in Medien und der öffentlichen Aufmerksamkeit überproportional Platz.“ – Mit dieser volkstümeligen Behauptung hat kürzlich eine CSU-Stadträtin an dieser Stelle ihren Beitrag eingeleitet. Und was sie im weiteren Text dann von sich gibt, ist tatsächlich der augenscheinliche Beleg dafür. Dennoch ist sie falsch. Richtig ist allerdings: Ideologische Minderheiten und extreme Positionen erhalten überproportional hohe Aufmerksamkeit und werden dadurch oft erst richtig gehypt – was die Sache allerdings nicht viel besser macht.

Bei oft als Ängste und Sorgen intonierten Äußerungen geht es meistens weniger um die zutreffende Beschreibung der Wirklichkeit. Es geht nicht darum, Fehlentwicklungen, Probleme oder soziale Spannungen unserer liberalen Gesellschaft zu benennen und nach Lösungen zu suchen. Es geht vielmehr um deren Skandalisierung, um Meinungsführerschaft und um die Schaffung von Feindbildern. Dadurch können Menschen im ersten Schritt durch Sprache (z. B. Extremfeminismus, Sozialtourismus) und am extremen Ende sogar leibhaftig niedergemacht werden. So mischt man eine Gesellschaft auf.

Medienschelte führt freilich auch zu nichts. Allerdings sollten gewissenhafte Bürger und integere Politiker sich nicht zum Werkzeug derer machen, die es mit unserer Demokratie und dem Rechtsstaat nicht gut meinen.

Aus parteitaktischem Kalkül so zu tun, als würden Recht und Ordnung, Sicherheit und Meinungsfreiheit nichts mehr gelten und sich eine Diktatur der Minderheiten etablieren, ist nicht nur unredlich und rechtspopulistisch; dies wirkt wie ein Brandverstärker. Bei der AfD und anderen Rechtsaußen gehört das zum Alltagsgeschäft. Wenn aber eine Volkspartei selbiges orchestriert, sollte das zu denken geben.

Marina Freudenstein
Stadträtin Bündnis 90/Die Grünen

Verwandte Artikel